Die Debatten um den Zeitpunkt, ab dem die Ölförderung lokal, regional oder global ihr Maximum erreicht und danach abnimmt («Peak Oil»), haben ihre Ursprünge in den 1950er Jahren. Und sie waren immer auch politisch geprägt – mit Folgen für Transport und Nutzfahrzeuge und die Entwicklung neuer Technologien. Denn hinter politischen Auseinandersetzungen – wie jener um den «Peak Oil» – stehen immer auch wirtschaftliche Interessen – beispielsweise um die Vorherrschaft der einen oder anderen Technologie.

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Dass die Frage aufgeworfen wird, ob der «Peak Oil» schon Tatsache ist oder bloss eine übertriebene «Hysterie» sei, gehört mit zu einer fundierten Auseinandersetzung mit dem Thema. Zumal die Geschichte lehrt, dass Prognosen und politische Begriffe immer auch ein Eigenleben abseits der Wissenschaft entfalten – wie zum Beispiel die «Waldsterben»-Debatte der 1980er Jahre zeigt. Letztere basierte zwar auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, war aber letztlich ganz klar politisch und gesellschaftlich getrieben und konnte ihre Wirkung nur im entsprechenden Umfeld anfangs der 1980er Jahre entfalten.

Mehr noch: Die «Waldsterben»-Debatte der 1980er Jahre basierte auf falschen Prognosen. Dass sich die getroffenen Massnahmen dennoch als sinnvoll erwiesen haben, gehört zur Ironie der Geschichte. Oder wie es der ehemalige SP-Präsident Peter Bodenmann unlängst formuliert hat: «Beim Waldsterben haben die Forscher, die Förster und die Umweltbewegten übertrieben. In der Folge hat die Politik Massnahmen ergriffen, die sie ohne diese Panikmache nicht ergriffen hätte. Alle Mass­nahmen erwiesen sich als sinnvoll. Aber in der Sache selbst lagen die Kritiker der Panikmache damals richtig.» (www.1815.ch, 19.02.2019).

Politische Diskussionen um Technologien

Das Beispiel zeigt aber: Gerade wissenschaftliche Begriffe wie der «Peak Oil» oder das «Waldsterben» haben stets auch eine politische Dimension und werden bisweilen – von der einen oder anderen Seite – missbraucht (im besten Fall: genutzt), um eigenen (wirtschaftlichen) Zielen zum Durchbruch zu verhelfen. Nicht selten gehen die Einschätzungen zum «Peak Oil» denn auch je nach politischer Grundhaltung weit auseinander.

Die beiden Haltungen der beiden ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton (1993 bis 2001) und George W. Bush (2001 bis 2009) mögen dies veranschaulichen. So meinte Bill Clinton etwa: «Eine bedeutende Anzahl von Erdölgeologen glaubt, dass wir noch in dieser Dekade oder gar schon jetzt das globale Maximum der Erdölproduktion erreicht haben. Peak Oil geschah schon 1970 in Amerika, als die Hälfte unseres Öls, das wir aus dem Boden gewinnen konnten, aufgebraucht war … Das ist sehr besorgniserregend, ganz unabhängig von der globalen Erwärmung.» (Vortrag vom 17. Juni 2006 bei der Association of Alternative Newsmedia (AAN) Annual Convention in Little Rock, USA).

Entsprechend setzte sich Bill Clinton in seiner Amtszeit besonders für schärfere Klimaschutzgesetze ein und propagierte gleichzeitig die «Energiewende» mit alternativen Energieformen. Und Clintons Vizepräsident Al Gore fand weltweit als Umweltpolitiker mit seinen Werken «Earth In The Balance» (1992) sowie dem Dokumentarfilm «An Inconvenient Truth» (2006) Beachtung, wobei er vor allem auf eine gerechtere weltweite Ressourcenverteilung und damit auf eine Umverteilung abzielte.

Fracking verschiebt den «Peak Oil»

Ganz anders ging demgegenüber der aus Texas stammende George W. Bush mit dem Thema um: «Amerika ist süchtig nach Öl, und immer mehr von dem Öl, das wir benötigen, kommt aus dem Ausland. Manche der Nationen, auf die wir aufgrund des Öls angewiesen sind, haben unstabile Regierungen oder stehen den Vereinigten Staaten feindselig gegenüber.» (Rede vom 25. April 2006 in Washington. Publiziert durch das Weisse Haus.).

Auch diese Haltung war kein Zufall: George W. Bushs Heimatstaat Texas war anfangs der 1930er Jahre zur Nummer 1 unter den Ölförderstaaten innerhalb der USA aufgestiegen. Und Bushs Vizepräsident Dick Cheney war ehemaliger Chef der führenden Fracking Firma Halliburton. Zusammen setzten sie schliesslich auch durch, dass die Technik des Frackings vom sog. Safe Drinking Water Act ausgenommen wurde. Bei der Methode, bei der mit sehr hohem Druck ein Wasser-Sand-Gemisch in den Boden gepresst wird, damit das Gestein aufbricht und das Gas und die Flüssigkeiten entweichen, werden auch (giftige) Chemikalien beigemengt.

Kampf der Technologien geht weiter

Die Beispiele von Bush/Cheney und Clinton/Gore zeigen: Mit ihrer Haltung zum «Peak Oil» verfolgten beide Seiten wirtschaftliche Ziele: Während die beiden Demokraten Clinton und Gore den alternativen Energietechnologien zum Durchbruch verhelfen wollten, versuchten Bush und Cheney (erfolgreich) dem Fracking Vorschub zu leisten. Beides wirkte sich letztlich auf den eigentlichen «Peak Oil» selbst aus. Zumindest die unkonventionellen Fördermethoden wie das Fracking führen heute nämlich dazu, dass sich die Erdölreserven wohl eher länger nutzen lassen.

Es gibt auch Zweifler und Gegentendenzen

In dieser Ausgangslage müssen Transportunternehmen heute entscheiden, in welche Technologien sie investieren wollen. Keine einfache Aufgabe. Denn: Welche Technologie sich langfristig durchsetzen wird, hängt noch stark von technologischen, politischen und ökonomischen Faktoren ab. Dass es dabei auch Gegentendenzen zum «Green Marketing» gibt, sei an dieser Stelle nicht verschwiegen. So meinte beispielsweise der ehemalige Walliser Staatsrat und SVP-Nationalrat Oskar Freysinger in einer Online-Debatte mit Peter Bodenmann (www.1815.ch, 19.02.2019): «Also schnell eine Greta her, Schülerdemonstrationen, medialer Hype zum Nachblöken und politische «Vergrünung» des allgemeinen Gewissens zum Profit weniger. Nichts ist rentabler als ein bisschen hochgeheizte Weltuntergangsstimmung.»

Für die Nutzfahrzeugbranche bedeutet dies wohl: Neben allen alternativen Antriebstechnologien wird wohl auch der Dieselmotor noch eine Weile Bestand haben.

 

[Hinweis: Dies ist der zweite von 7 Artikeln zum Thema «Peak Oil», der auf transport-ch.com veröffentlicht wird.]

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