Kein Benziner-Sportwagen mehr ab 2035, kein Plug-in-Hybrid-SUV und auch kein Diesel-Lieferwagen. Die Exekutive der EU will in 14 Jahren keine Neuwagen mehr mit Verbrennungsmotor zulassen.

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Es klingt auf Anhieb noch wie ferne Zukunft, ist aber für die Ingenieure in der Fahrzeugbranche nur noch gut zwei Entwicklungszyklen entfernt: das Jahr 2035. Ab dann sollen nach dem Beschluss der EU-Kommission keine neuen Personenwagen oder Lieferwagen mit Verbrennungsmotor in den Verkauf gelangen.

«Fit für 55» heisst das Beschlusspaket lustig und bezieht sich… nicht auf 2035, sondern aufs Jahr 2030, wenn die Ziele gegenüber den heutigen 95 g CO2 / km um 55 % abgesenkt werden sollen (entspricht noch 43 g CO2).

15 Jahre für «Netto-Null»

Das Jahr 2035 wiederum wurde gewählt, um in einem Erneuerungszyklus des Wagenparks von 15 Jahren bis zum nächsten Fixdatum 2050 den Strassenverkehr weitestgehend zu dekarbonisieren.

Denn 2035 werden natürlich noch zigmillionen Autos und Lieferwagen mit Verbrennungsmotor in Betrieb sein. Diese will die EU-Kommission möglichst schnell von der Strasse haben. Das soll über den Hebel eines verschärften CO2 -Emissionshandels und damit höheren Treibstoffpreise erfolgen.

Klimapolitik gibt es nicht gratis

Wie stark das Portemonnaie jedes und jeder einzelnen getroffen wird, ist noch nicht kalkulierbar. Doch der Trend sei klar, sagt Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) gegenüber dem deutschen Handelsblatt. Edenhofer mahnt zu mehr Ehrlichkeit bei der Kommunikation der Klimaschutzziele: «Die Politik muss den Bürgern sagen, dass die Zeit, in der die Klimapolitik für niemanden finanzielle Auswirkungen hatte, endgültig vorüber ist.» Allerdings: Es ist davon auszugehen, dass mit zunehmendem Fortschritt Elektroautos Mobilität zu tieferen Kosten bieten als heutige, «konventionell» angetriebene Personenwagen.

Bessere Ladeinfrastruktur

Die EU-Kommission denkt nicht nur an die «Endgeräte», die Autos, sondern auch daran, wie sie geladen werden sollen. Ein verbindliches Ausbauziel für Strom- und Wasserstofftankstellen wird für alle Mitgliedsländer festgeschrieben. Derzeit verfügen Deutschland und Frankreich über die meisten Ladepunkte in Europa.

Der Entwurf sieht vor, dass entlang von Fernstrassen alle 60 Kilometer eine Ladestation für E-Autos und alle 150 Kilometer eine Tankstelle für Wasserstoffmotoren gebaut werden soll. Was nicht billig, aber nötig ist, aber doch nicht genügen wird, ohne die Abermillionen von Mieterinnen und Mieter ohne Lademöglichkeit zuhause zufrieden zu stellen.

Der Vorschlag der EU-Kommission – er muss von den Staaten sowie dem EU-Parlament bestätigt werden – steht im Zeichen des Kampfes gegen die Klimaerwärmung. Man geht davon aus, dass etwa ein Viertel des weltweiten CO2 -Ausstosses aus dem Transportsektor stammt. Laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sorge der harte Schnitt per 2035 für die nötige Planungssicherheit für Autobauer und Politik. Das Klimaziel der EU («Netto-Null» bis 2050) ist ohne das Verbot kaum zu erreichen. Vom Ansatz der Technologieneutralität verabschiedet sich die EU-Exekutive hingegen ohne Wenn und Aber.

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der deutschen Automobilindustrie, kritisiert das Verbot des Verbrennungsmotors denn auch als innovationsfeindlich. So würde der Beschluss in der aktuellen Fassung den Weg für e-Fuels versperren. Allerdings gehen Industrieexperten davon aus, dass die deutsche Automobilindustrie damit besser wird umgehen können als beispielsweise ihre französischen Mitbewerber. Denn sie ist in den USA und China viel besser aufgestellt und kann damit rechnen, dorthin noch länger Fahrzeuge mit Benzinantrieb absetzen zu können. Es ist denn auch kein Geheimnis, dass der Verbotsbeschluss 2035 unter den EU-Kommissaren umstritten war.

Noch zu entscheiden: der helvetische Weg

Nicht gänzlich ausgeschlossen, dass auch Schweizer Kunden noch einige Jahre Abnehmer von Verbrennerautos bleiben könnten. Denn oft werden hierzulande zwar Fristen von der EU grundsätzlich übernommen, aber mit Übergangslösungen abgefedert.

 

Quellen: Weitergehende Informationen zum Klimapaket der EU findet man hier (französisch) und hier zum Klimapaket der EU auf deutsch.

Kommentare
Andreas Schlick

Die spinnen.

Peter Balsiger

Gut so. Irgend wann müssen wir die Spritfresser ja von den Strassen verbannnen.

Hanspeter Giger

Genau, und dann fahren wir alle nur noch mit Stromern durch die Gegend. Die "fressen" ja keine Energie ...

Silvia Schneider

Haben Sie es immer noch nicht kappiert? Was glauben Sie eigentlich, woher all die Wetterkapriolen kommen, die wir aktuell diesen Sommer gerade erleben.

Fritz Thomann

Klar, und die AKWs stellen wir auch gleich noch. Dann haben wir sicher genügend Strom ...

Antonio Cira

Eine grosse Illusion.

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