Engagiert setzen Transporteure und Chauffeure aktuell alles daran, die Ver- und Entsorgung der Schweiz sicherzustellen. Umso unverständlicher, dass sich die Branche in dieser Situation für die Offenhaltung von WC-Anlagen stark machen muss. (Mehr als) eine Randnotiz in Zeiten von COVID-19.

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«Die Schweizer Transportunternehmer und die Berufsfahrerinnen und -fahrer sind sich ihrer hohen Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Gütertransports in der aktuellen Sondersituation bewusst.» Das schreibt die ASTAG auf ihrer Website. «Engagiert und mit hoher Motivation setzen sie alles daran, die Versorgung der Menschen in der Schweiz mit Lebensmitteln, Medikamenten und Gütern des täglichen Bedarfs sowie notabene die Spitäler mit allem Notwendigen wie Beatmungsgeräten und Sauerstoff zu versorgen. Nicht wegzudenken ist auch die zuverlässige Abfallentsorgung, ohne die sehr bald noch zusätzlich Seuchengefahren drohen würden.»

Dies hat unlängst auch Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga erkannt. Und sie hat sich bei der Branche bedankt (vgl. https://tch.online/de/news/default/riesengrosses-dankeschoen-bundespraesidentin-dankt-chauffeuren): «Nicht alle Menschen können zu Hause bleiben. Wir brauchen das Gesundheitspersonal, die Pöstler, die Verkäuferinnen, die Lastwagenfahrer, Bus-Chauffeure, unsere Bäuerinnen und Bauern, die Armeeangehörigen: Sie schauen, dass die Versorgung auch weiterhin funktioniert. Ihnen gebührt ein riesengrosses Dankeschön!»

Die andere Seite …

Soweit so gut: Doch nicht alle scheinen diese Wertschätzung den Transporteuren und den Chauffeuren gegenüber ungeteilt mitzutragen. So hat die Gewerkschaft FAIRLOG schon kurz, nachdem das Bundesamt für Strassen (ASTRA) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) Bestimmungen zur Aufrechterhaltung der Transportkapazitäten erlassen hatte, Kritik an den Massnahmen geäussert, welche die Arbeit der Camionneure erleichtern sollen (vgl. https://fairlog.ch/covid-19-gesundheitsschutz-der-chauffeure-hat-vorrang/): «Die Allianz der Gewerkschaften SEV, syndicom und Unia für Logistik und Strassengütertransport (FAIRLOG) ist höchst besorgt, dass der Bund die Schutzvorschriften für LKW-Chauffeure/eusen gelockert hat.» Die Forderung von FAIRLOG: «Um den Gesundheitsschutz durchzusetzen, braucht es strikte Kontrollen. Diese sind durch die Behörden unter Einbezug der Sozialpartner durchzuführen. Die Ressourcen müssen bei den Kontrollbehörden markant erhöht werden. Zum Schutz der Arbeitnehmenden vor der Pandemie sollen alle anderen Transporte in nicht-existenziellen Bereichen eingestellt werden, natürlich bei entsprechenden Kompensationen für den Erwerbsausfall und mit Hilfen für die betroffenen Unternehmen.»

Dass die Chauffeure selbst in der Mehrzahl nicht hinter einer solchen Forderung stehen, zeigt die Stellungnahme der Berufsfahrervereinigung Les Routiers Suisses: «Es ist uns bewusst», so schreibt Les Routiers Suisses, «dass gewisse Gewerkschaften mit allen Mitteln einen kompletten Shutdown suchen und den jetzigen Notstand nutzen wollen, um Forderungen durchzubringen. Es ist auch uns bewusst, dass der Beruf des Chauffeurs in den letzten Jahren eher schlecht geschätzt war. Umso mehr macht es heute Freude, dass in der Not durchaus auch Dankbarkeit besteht. Wir hoffen, dass der Einsatz belohnt wird und verzichten auf Erpressungsversuche.»

… und die Auswüchse solchen Denkens

Zu was solche Diskussionen und Forderungen wie jene der FAIRLOG  in dieser «ausserordentlichen Lage» führen können, mussten zahlreiche Chauffeure in den vergangenen Tagen am eigenen Leib erfahren: Nicht nur an der schweizerisch-französischen Grenze in Basel-St. Louis sind in den letzten Tagen und Wochen wegen Corona die WCs und Duschen dichtgemacht worden. «Wir erhalten sehr viele erboste Rückmeldungen von Mitgliedern und Chauffeuren», musste André Kirchhofer, Vizedirektor der ASTAG gegenüber «20 Minuten» feststellen (vgl. https://www.20min.ch/schweiz/news/story/LKW-Fahrer-klagen-ueber-miserable-Zustaende-am-Zoll-19136205).

Tatsächlich: Wie zahlreiche Camionneure in den letzten Tagen feststellen mussten, waren viele WC-Anlagen auf dem Schweizer Strassennetz geschlossen. «Wir stellen fest, dass sanitäre Anlagen geschlossen wurden und derzeit auch bei Kunden nicht mehr nutzbar sind. Es wäre absolut notwendig, dass diese Zugänge weiterhin, selbstverständlich unter Einhaltung der Hygienemassnahmen, offenstehen», informierte etwa Les Routiers Suisses auf ihrer Website. «Mobile Kunststoff-Toiletten erfüllen diesen Zweck nicht. Ansonsten müsste vorgesehen werden, auf eine Belieferung solcher Kunden zu verzichten.»

Eine untragbare Hygiene-Situation, weshalb die ASTAG bei Bund und Kantonen unverzüglich interveniert hat – mit Erfolg! Das Bundesamt für Strassen ASTRA und die Geschäftsstelle der Kantonalen Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz BPUK haben ihre Unterstützung sofort zugesichert. Die WC-Anlagen auf Raststätten, Raststellen und Halteplätzen sollten wieder geöffnet sein. Zudem wurde eine regelmässige Reinigung zugesagt.

Das Fazit der ASTAG: «Es kann nicht sein, dass Berufsfahrerinnen und -fahrer (LKW, Reisebus, Taxi), die die Menschen in der Schweiz mit allem Lebensnotwendigem versorgen und die Mobilität aufrechterhalten, vor geschlossenen Toiletten stehen. Die Versorgung mit Medikamenten, Medizinaltechnik, Sauerstoff sowie Nahrungsmitteln wird dank dem Strassentransport weiterhin zuverlässig gewährleistet. Doch dazu muss auch die «Abfall-Entsorgung» funktionieren… Unsere Chauffeure haben Anrecht auf eine saubere Infrastruktur für ihre persönliche Hygiene, und zwar 7×24 Stunden – so steht es in der entsprechenden Verordnung. Alles andere ist gesetzeswidrig, unmenschlich und gerade in der Coronakrise gefährlich und dumm.»

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