Mit der Umwandlung von Sommerstrom in synthetisches Gas könnte erneuerbar erzeugte Energie auch im Winterhalbjahr ausreichend zur Verfügung stehen – auch für Lastwagen. Der Kanton Zürich unterstützt jetzt ein Forschungsprojekt der Empa, welches auf synthetisches Methan setzt.

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Unsere Energieversorgung steht vor grundlegenden Veränderungen. In erster Linie geht es darum, den CO2-Ausstoss zu minimieren und von fossilen und nuklearen Energieträgern zu erneuerbaren zu wechseln. Neben der Einführung von Fahrzeugen mit neuen Antriebssystemen ist dabei auch die Bereitstellung entsprechender Treibstoffe zentral.

An der Empa ist man schon seit längerer Zeit von der zentralen Rolle synthetisch erzeugter Treibstoffe überzeugt: Energieträger wie Wasserstoff oder Methan, die aus temporär überschüssigem Strom erzeugt werden, etwa im Sommerhalbjahr oder aus zeitweise im Strommarkt nicht mehr rentabler Wasserkraft, sollen bei der Umgestaltung des Energiesystems eine zentrale Rolle einnehmen.

Das «Power-to-Gas»-Konzept

Im «Power-to-Gas»-Konzept wird dabei der Strom im ersten Schritt via Elektrolyse von Wasser in Wasserstoff (H2) umgewandelt, der dann entweder direkt genutzt oder aber in einem zweiten Schritt katalytisch mit Kohlendioxid (CO2) in Methan (CH4) umgewandelt wird. Der Vorteil von Methan ist, dass Überschussstrom aus dem Sommerhalbjahr im vorhandenen Gasnetz über Monate gespeichert und so auch im Winter zum CO2-neutralen Betrieb von Gasfahrzeugen genutzt werden kann.

Das Problem dabei: Erneuerbare Energie ist «per se» bereits teurer als fossile. Wird sie gespeichert, steigen die Kosten weiter – erst recht, wenn es sich dabei um eine langfristige, z.B. saisonale Speicherung handelt. Daher sind gut durchdachte Strategien gefragt, um «Power-to-Gas» wirtschaftlich zu machen. Oder wie es der Empa-Forscher Andreas Borgschulte schon 2015 ausdrückte: «Die Umwandlungen in synthetische Energieträger sind nicht nur ein Energie-, sondern vor allem auch ein Geldproblem».

Vollständige Abkehr von fossilen Energieträgern

Trotzdem: Die vollständige Abkehr von fossilen Energieträgern wird nicht nur in der Schweiz, sondern auch in der EU und zahlreichen anderen Ländern immer lauter gefordert. Während in vielen Sektoren bereits entsprechende Umsetzungsvorhaben laufen oder in Planung sind, gibt es Herausforderungen, für die klare und praktikable Lösungsansätze bisher noch fehlen. Eine davon ist insbesondere die Versorgung der Schweiz mit erneuerbarer Energie im Winter, eine zweite ist die Umstellung des Langstrecken-, Schwer- und Flugverkehrs auf erneuerbare Treibstoffe.

Und hier kommt die Empa ins Spiel: Ein Forschungsprojekt an der Empa befasst sich vor diesem Hintergrund mit der Herstellung von synthetischem Methan. Der Kanton Zürich unterstützt das Vorhaben mit insgesamt 500'000 Franken aus dem Rahmenkredit zur Unterstützung von Pilotprojekten im Energiebereich.

Bestehende Transportwege nutzen

Synthetisches Methan kann aus erneuerbarem Strom und Kohlendioxid (CO2) hergestellt und über das Gasnetz international transportiert werden. Die Infrastruktur dazu ist vorhanden, ebenso die Handelsmechanismen, die Normen und das Expertenwissen. Damit ist es eine von wenigen Optionen für die Versorgung der Schweiz mit erneuerbarer Energie im Winterhalbjahr. Zudem kann es in verflüssigter Form als Alternative zu Diesel im Langstreckengüterverkehr eingesetzt werden, und es ermöglicht eine energetische Kopplung der Strom-, Wärme- und Verkehrssektoren. Die Forschung zur Herstellung von synthetischem Methan dient ausserdem als Grundlage zur Entwicklung von synthetischem Kerosin, das künftig einen CO2-neutralen Flugverkehr ermöglichen soll.

«Es ist eine Schlüsselfrage für den Klimaschutz: Wie können wir die überschüssige Sonnenenergie vom Sommer ganzjährig nutzbar machen, um CO2-frei zu werden – gerade beim Verkehr», sagt der zuständige Regierungsrat Martin Neukom, Baudirektor des Kantons Zürich. Die Umwandlung von erneuerbarem Strom in synthetisches Methan ist zwar nicht neu, doch fehlen für die Einordnung und vergleichende Bewertung künftiger Energieversorgungs- und Mobilitätskonzepte noch verschiedene Grundlagen.

Die Erarbeitung belastbarer energetischer und wirtschaftlicher Daten in diesem Umfeld sei deshalb auch ein Schwerpunkt des Vorhabens, betont Brigitte Buchmann, Mitglied der Empa-Direktion und strategisch verantwortlich für das Projekt. «Das Projektkonsortium besteht aus Partnern, die die gesamte energetische, technische und wirtschaftliche Wertschöpfungskette abdecken, also von Forschenden der Empa über Energieversorger, Tankstellen- und Fuhrparkbetreibern bis hin zu Industriepartnern im Technologie- und Anlagenbereich.»

Empa-Tankstelle mit synthetischem Methan

Ziel des Projekts ist es, «move», den Mobilitätsdemonstrator der Empa, in dem bereits Projekte zur Elektro- und Wasserstoffmobilität laufen, bis 2021 mit einer Produktionsanlage für synthetisches Methan zu erweitern. An der angeschlossenen Tankstelle sollen dann Lastwagen eines Projektpartners mit CO2-neutralem, synthetischem Methan betankt werden. Zu dessen Herstellung kommt ein an der Empa entwickeltes Verfahren zum Einsatz. Parallel dazu sollen Kostenstrukturen untersucht und Wirtschaftlichkeitsmodelle entwickelt werden, die als Grundlage für Entscheidungsträger zur Ausgestaltung von Rahmenbedingungen der künftigen post-fossilen Mobilität dienen können.

Damit unterstützt das Projektkonsortium die Bemühungen, fossile Energieträger Schritt für Schritt durch nachhaltig produzierte, erneuerbare Energieträger zu ersetzen. Das finanzielle Engagement des Kantons Zürich und diverser Industriepartner zeigt, dass das Interesse an derartigen Lösungsansätzen gross ist.

 

Quellen: https://www.empa.ch/de/web/s604/powertogas sowie Medienmitteilung der Empa vom 07.04.2020 (https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-78726.html).

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