Die Chance, den vollelektrisch betriebenen Scania 25P B 4x2 NB zu fahren, liess sich Rahel Cathomas mir nicht nehmen. Eine kurze Tour, welche Autobahn, Landstrassen und Bergstrassen beinhaltete.

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Von aussen ist dem Scania 25P B 4x2 NB kaum anzusehen, dass es sich hier um ein vollelektrisches Fahrzeug handelt. Beim genaueren Hinsehen fallen einem dann die beiden Kästen auf beiden Seiten des Chassis auf. Hier sind acht der insgesamt neun Batterie-Pakete verstaut. Im Inneren der Kabine sieht alles aus wie gewohnt. Erst beim Betätigen des Zündschlüssels und dem Aufleuchten des Displays in den Armaturen erkennt man, dass es ein batteriebetriebener Lastwagen ist. Wer gewohnheitshalber auf das Motorengeräusch wartet, kann lange warten. Nur der Blick auf das Display verrät, ob der Motor läuft.

Von Chur aus fuhr ich nach Haldenstein. Schliesslich soll ein Elektrofahrzeug mit sauberem Strom «getankt» werden. Deshalb musste unbedingt ein Foto mit dem markanten Windrad von «Calanda Wind» gemacht werden. Dann fuhr ich auf der Autobahn bis Reichenau. Mit 92 Prozent Batterieladung lenkte ich den elektrisch betriebenen Scania die Steigungen hoch nach Flims, dann ging es wieder runter bis Ilanz und mehr oder weniger flach weiter bis nach Tavanasa. Von hier schlängelt sich die Strasse hoch nach Breil/Brigels.

Auf diesem Streckenabschnitt mit einer Höhendifferenz von gut 500m reduzierte sich die Prozentzahl der Batterieladung sehr schnell. Oben angekommen, zeigte das Display nur noch 66% Ladung an. Nun wurde ich doch etwas nervös. Würde es wirklich bis zurück nach Chur reichen? Schliesslich wollte ich noch mit meinem Postauto-Kollegen Plazi Schmed und Manuel Montalta (Montalta Transport + Kies AG) je eine Runde fahren.

Kurz vor 12 Uhr parkte ich das elektrische Verteilerfahrzeug direkt vor meiner Haustür und kochte Mittagessen. Mein 11-jähriger Sohn Curdin war echt beeindruckt, dass ein so grosses Gefährt so leise fährt und genoss die anschliessende Fahrt hinunter nach Danis. Vor dem Schulhaus wechselte ich auf die Beifahrerseite, damit mein Kollege Plazi Schmed auf dem Fahrersitz Platz nehmen konnte. Plazi fährt Postauto und war früher Lastwagenchauffeur. Die Begeisterung war ihm anzusehen. Am liebsten wäre er noch länger gefahren, aber sein Job rief und ich bangte ein bisschen um die Reichweite des Elektro Scania.

So lenkte ich den Scania 25P zum Bürogebäude der Montalta Gruppe in Rueun. Gekonnt steuerte Manuel Montalta das Elektrofahrzeug in Richtung Val Lumnezia. Einen vollelektrischen Lastwagen zu fahren, fand auch er interessant. Aber von der Reichweite her sei dies kein Thema für seine Firma, meinte er.

Inzwischen war die Reichweite der Batterie auf 47 Prozent gesunken. Trotzdem war ich wieder ruhiger. Damit würde ich locker bis nach Chur fahren. So war es dann auch. Bei Scania Schweiz AG in Chur angekommen, war die Prozentzahl der Batterieladung wieder auf 47% angestiegen. Somit konnte ich auf der abfallenden Strecke von Flims bis Chur mit Rekuperation die Batteriekapazität mehr erhöhen, als ich für die Bergfahrt von Ilanz nach Flims verbraucht hatte.

Ehrensache, dass ich den Scania 25 P gleich noch wusch und das Kabineninnere putzte. Danach gings zur Steckdose, um die Batterien wieder vollzuladen. Sind diese ziemlich leer, dauert die Ladezeit sechs bis sieben Stunden.

Fazit zum vollelektrischen BEV Scania 25P B 4x2 NB

Ehrlich: Ich bin erstaunt! Aus ich losgefahren bin, habe ich dauernd auf diese Prozentzahl geschaut. Nie hätte ich gedacht, dass ich nach 140 km im Berggebiet mit 47% Batterieladung nach Chur zurückkehren könnte! Klar, das Fahrzeug war unbeladen. Mit ein paar Tonnen mehr würde diese Zahl wohl etwas anders aussehen. Anfänglich habe ich gedacht, nie im Leben möchte ich ein elektrisch betriebenes Fahrzeug haben. Schliesslich hat ein Chauffeur schon Stress genug mit dem vielen Verkehr und dem Einhalten von Terminen. Hier kommt nun noch der Stress mit der Reichweite dazu.

Aber ich denke, wer diesen Lastwagen täglich fährt, weiss nach einiger Zeit, wie der Energieverbrauch sich verhalten wird. Im städtischen Verteilerverkehr kann ich mir Fahrzeuge dieser Art durchaus vorstellen. Der Fahrkomfort entspricht dem des Dieselfahrzeugs. Wichtig ist vor allem auch die vorausschauende Fahrweise. Geht man vom Gas, rollt der elektrische Scania viel länger als ein dieselbetriebener Lastwagen. Der Retarder ist – wie gewohnt beim Scania – erstklassig. Mit der richtigen Fahrweise lässt sich die Reichweite bestimmt noch vergrössern.

Die Preisdifferenz zwischen Elektro- und Dieselfahrzeug sieht im ersten Moment extrem hoch aus. Rechnet man aber das Servicepaket, die gesparte LSVA, die wegfallenden kantonalen Strassensteuern und die Differenz zwischen Strom und Diesel vom Grundpreis weg, ist der effektive Preis nicht mehr so weit entfernt vom jenem des dieselbetriebenen, identischen Fahrzeuges. So kann in bestimmten Fällen das Firmenimage sicher verbessert und Kunden gewonnen werden, in dem die Ware in engen Altstadtgässchen umweltschonend und auf leisen Sohlen ausgeliefert wird.

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