In Deutschland wird man künftig an allen Strom-Ladesäulen auch mit EC/Maestro-Karten bezahlen können, so hat es die Politik vorgeschrieben. Kundennahe oder rückwärtsgewandter Entscheid?

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Enttäuschend nennt Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbands der Autoindustrie (VDA), die Entscheidung des Bundesrats (Länderkammer des deutschen Parlaments) zur Ladesäulenverordnung. Die Politik habe sich für eine Technologie ohne Zukunft entschieden. «EC-Kartenterminals mit PIN-Pad sind kein Fortschritt, sie bedeuten einen Rückschritt, der zusätzliche Kosten für die Nutzer verursacht, das Innovationstempo bremst und digitale Bezahldienstleister zugunsten überholter Geschäftsmodelle aus dem Markt ausschliesst.»

Die Änderung der Verordnung sieht vor, dass Ladesäulenbetreiber beim Laden ab Juli 2023 mindestens eine kontaktlose Zahlung mittels gängiger Debit- und Kreditkarte als Mindeststandard anbieten müssen – das bedeutet obligatorisch die Installation eines Kartenlesegeräts mit PIN-Pad zur Eingabe der Geheimnummer. Ladenetzbetreiber kritisierten das Obligatorium schon im Vorfeld der Beratungen als unnötigen Kostentreiber.

Nur für neue Anlagen

Weil der Zwang zum Terminal erst für Neuinstallationen ab Mitte 2023 gilt, wird es ausserdem zu einem zweigeteilten Angebot führen: Die meisten bis 2023 installierten Ladestationen ohne «Maestro-Schlitz» und die neuen mit dem eher alten Bezahlsystem…

Der VDA wünsche sich eine hohe Innovationsdynamik bei den Elektro-Mobilitätsdiensten, einen ungebremsten Ausbau der Ladeinfrastruktur und kostengünstige, einfache Lösungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. «Das geht nur digital», ist sich Müller sicher. Deutschland und die EU insgesamt hinkten schon heute erheblich beim Ausbau der Ladeinfrastruktur hinterher, klagt die VDA-Präsidentin. «Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist aber die Infrastruktur das entscheidende Kriterium für die Entscheidung zugunsten des Umstiegs auf E-Mobilität.»

Schweiz und Europa: Vielzahl von Apps

In der Schweiz ist ein vergleichbarer gesetzlicher Druck auf die Betreiber der Ladeinfrastruktur nicht absehbar. Bezahlt wird über Abos und damit verbundene Abos sowie Service-Apps, die mehrere grosse Anbieter abdecken.

Die öffentlichen Ladestationen sind zum grössten Teil in ein Ladenetz eingebunden und mit einer App verfügbar. Wenn man die App bereits installiert hat, reicht es, die Ladestation auszuwählen und mit dem Finger über den Bildschirm zu wischen, schon beginnt die Ladung. Die Abrechnung kommt monatlich auf die hinterlegte Kreditkarte. Lädt man an einer «fremden» Ladestation, muss erst die App heruntergeladen und die Kreditkarte hinterlegt werden.

Service-Lösungen wie die eCharge App des TCS helfen, mit einer einzigen App oder Karte Zugriff auf viele verschiedene Netze zu erhalten. Damit lassen sich die Ladestationen diverser Anbieter finden (europaweit über 130'000 Ladepunkte), reservieren und freischalten. Und auch die Bezahlung läuft über die App und eine damit hinterlegte Kreditkarte.

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